Erinnerung: „Mein liebstes Spielzeug ist die Sprache“ – wie alles begann
Dieses erstmals im Jahr 1989 von mir so formulierte Zitat, das mich seither immer und überallhin begleitet, sollte zum Leitmotiv meines Lebens werden. Denn meine Arbeit IST mein Leben und rund um die Uhr alles, was für mich zählt – selbst in jenen Momenten, in denen ich nicht am PC sitze und schreibe, mich nicht in einem Archiv durch alte Unterlagen wühle oder meine Geschichten bei Führungen auf der Straße erzähle.
Workaholic, sagen die einen … ich jedoch nenne es Leidenschaft für mein Hobby, das ich nach einigen Umwegen, die wie durch Zauberhand alle zu dem einen Ziel führten, zu meinem Beruf machen durfte.
Alles begann an einem verregneten Tag im September 1976. Meine Eltern waren unterwegs, meine Oma, die auf mich aufpassen sollte, saß in der Küche und löste ein Kreuzworträtsel, und ich schrieb in meinem Kinderzimmer an meiner ersten eigenen Geschichte: Pim und Pam, die zwei Zwerge. Nach etwa einer Stunde hatte ich das erste Kapitel beendet und lief voller Stolz zu meiner Großmutter, um ihr mein Werk zu präsentieren. Sie las die vier Seiten aufmerksam durch, schmunzelte hie und da, nickte anerkennend, und gab mir schließlich mein Heft zurück, mit den Worten: „Ganz entzückend! Aber warum hast du den Text abgeschrieben? Musst du üben?“ Ich war verwirrt. Wieso abgeschrieben? Wieso üben?
„Das habe ich selbst erfunden, Oma“, antwortete ich, immer noch in freudiger Erwartung, ein Lob zu erhalten. Stattdessen sah mich mein Gegenüber ungnädig an und hob schließlich tadelnd den Zeigefinger: „Man schmückt sich nicht mit fremden Federn, junge Dame. Jetzt geh zurück in dein Zimmer und lies ein paar Seiten in Pippi Langstrumpf. Ich frage sie dich dann ab!“
Nicht, dass dieser Versuch einer Erziehungsmaßnahme eine Strafe für mich gewesen wäre, da ich ohnehin in jeder freien Minute meine Nase in Bücher steckte. Aber darum ging es in diesem Moment nicht, sondern um meine Enttäuschung, dass man mir nicht glaubte. Zum Glück hat mich dieses Erlebnis nicht demotiviert und davon abgehalten, auch weiterhin zu schreiben – vielleicht hat es mich ja sogar herausgefordert und meinen Kampfgeist geweckt, frei nach dem Motto „Und jetzt erst recht, dir werde ich es zeigen!“
Laut meiner Eltern verhielt ich mich ab diesem Zeitpunkt jedenfalls ein wenig „komisch“. Am Wochenende gingen wir mit meinem jüngeren Bruder häufig im Wald spazieren, „damit wir an die frische Luft kamen“ – für mich Ausflüge ins Paradies! Ich saß zwar auch gerne in meinem Zimmer und versank in den Traumwelten, die fantasievolle Kinderbuchautoren für ihre kleinen Leser schufen, doch im Grünen fand ich die Inspiration und Ideen, die ich für meine Geschichten aus dem Wichtelreich benötigte. Ich marschierte wortkarg durch die Natur, nahm die Schwingungen der dort wachsenden und hausenden Lebewesen in mir auf und malte Bilder im Kopf, die ich später in Worte und Sätze verwandeln und zu Papier bringen wollte. Besonders genau betrachtete ich Käfer, Spinnen und Würmer, damit ich sie zu Freunden oder Kontrahenten meiner Zwerge werden lassen konnte. Allerdings bewunderte ich nicht nur Pflanzen und beobachtete Tiere, ich spürte auch die Magie an jenem Ort – ich glaubte an Gnome und Feen, an miteinander sprechende Insekten, und daran, dass es im Wald eine zauberhafte Welt gibt, die Erwachsenen verschlossen bleibt. Und irgendwie glaubt die Pippi Langstrumpf in mir das bis heute.